Donnerstag, 25. September 2014

Heile, heile Gänschen

Es ist Montagabend, beste Zeit fürs Abendbrot. Der WBE ist gerade von der Arbeit gekommen, und die Hunde veranstalten im Garten eine wilde Willkommensparty, so als wäre er gerade von einer Weltreise wieder zu Hause erschienen und würde die tollsten Geschenke verteilen. Die Schmusejungs tanzen natürlich in der ersten Reihe, während Emi lautstark um die Aufmerksamkeit ihres Herrchens buhlt. Alltag, während ich mich in der Küche überschlage. Ich habe es sehr eilig. Schulpflegschaft in 45 Minuten!  Das Patenkind hat heute Geburtstag und der Gratulationsanruf steht noch aus. Ich bin sowas von spät dran. Im Magen habe ich ja auch noch nichts. Magenknurren während einer Sitzung, das muss ich nicht haben. Also erst einmal an den Kühlschrank......


Draußen werden gerade irgendwelche unsichtbaren Feinde in die Flucht geschlagen. Manu, der uns ja in den ersten Wochen in Ungewissheit gelassen hat, ob er überhaupt bellen kann, macht nun inzwischen tapfer mit. Ich beschließe dem ganzen ein Ende zu setzen, man muss ja auch Rücksicht auf die arme, geräuschempfindliche Nachbarschaft nehmen und rufe die Meute rein. Im Garten kehrt jetzt wieder himmliche Ruhe ein.
Luke, dann Emi und zuletzt Manu. In dieser Reihenfolge stürmen sie in die Küche, und dann der Schock.

Blut!

Auf dem hellen Küchenboden verteilen sich viele blutige Hundetapser und schnell steht fest, diese kommen von Manu.

Manu blutet.

Zwei Worte, die es schaffen eine komplette Familie innerhalb von Sekunden in einen Raum zu bekommen. Ich wüsste keine anderen Worte, die dieses in so kurzer Zeit schaffen würden.
Im Analysieren von Wunden ist der WBE auch mal wieder der Weltbeste. Er weiß recht schnell, dass es sich um die rechte Vorderpfote handelt.
Ich dagegen, dreifache Mutter, bin krisenerprobt und trumpfe mit dem Wissen auf, dass wir Manu erst einmal zur Ruhe bringen müssen. Solange er fröhlich durch die Wohnung hüpft, wird das nichts mit dem Stoppen der Blutung. An die Pfote kommen wir so auch nicht. Außerdem sieht die Wohnung sonst bald so aus, als hätte hier ein Massaker stattgefunden. Er blutet schon recht stark*. Armer Manu.

Zum Glück ist es nicht schwer ihn zur Ruhe zu bekommen. Man setze sich auf die Couch, klopfe eins, zwei darauf, und schon ist auch der Rest der Couch komplett belegt, mit Podenco in voller Länge. Es lebe die schützende Decke auf dem Sofa, die bei dieser Aktion einige größere rote Punkte abbekommt, so wie auch meine Hand und meine Hose. Der Blick auf die Uhr verrät mir, dass ich die Schulpflegschaft heute Abend knicken kann. Wer kann denn jetzt an so etwas denken, wenn doch der Hund verletzt ist.

Man muss Prioritäten setzen.

So sitzen wir nun also alle zusammen im Wohnzimmer, besorgter Blick auf den Hund und tragen unser gesammeltes, medizinisches Wissen zusammen. Als Familie ist das ist eine ganze Menge, wie man wie folgt sehen kann:

*ein kompletter Schwesternhelferinnenkurs, womöglich verjährt, aber das macht ja nichts
*2wöchiges Praktikum im Krankenhaus (Orthopädie), immer gut!
*mehrere erste Hilfe Kurse, drei davon sehr frisch, da Führerscheinanfänger
*unzählige Behandlungen von blutigen Knien etc.(da meist Beine schneller als Rest von Kind), jahrelange Erfahrung als Eltern bringen so etwas mit sich
*ein Schulpraktikum in der Apotheke, auch noch relativ frisch
*viel theoretisches Wissen, erworben bei "Grey´s Anatomy", "Dr. House" und diversen anderen Arztserien (von Enbindung, über Amputation bis Transplantation, wir können fast alles!)

Hier trifft also geballtes medizinisches Wissen aufeinander. Manu ist in besten Händen, beschließt aber dieses von sich fernzuhalten und die Pfote lieber erst einmal selbst zu lecken. Danach legt er den Kopf auf meine Oberschenkel. Bei einem Kind würde man jetzt eventuell ein Trostlied anstimmen, kurz über die Wunde pusten oder je nach Geschlecht ein Lillifee- oder Batmanpflaster darauf kleben. Manu dagegen entscheidet, dass kraulen die beste Medizin ist. Eine Therapie, die auch mir gut gefällt, und so verbringen wir die Zeit, bis die Blutung aufhört, eben gemeinsam auf der Couch. Die Hektik, die mich bei der Betrachtung meines Abendprogramms erfasst hatte, ist wie weggeblasen.

Kurz darauf tobt Manu wieder mit Emi durch die Gegend, als wäre nie etwas gewesen. Ich dagegen erfreue mich an der gewonnenen Entschleunigung des Abends und esse nun endlich auch mein Abendbrot.

* Trotz starker Blutung handelte es sich nur um einen recht kleinen Kratzer unter der Pfote, wahrscheinlich beim Bremsvorgang entstanden. Wer am schnellsten rennt, muss auch am stärksten bremsen.

4 Kommentare:

  1. Haha, "da meist Beine schneller als Rest von Kind" und "Wer am schnellsten rennt, muss auch am stärksten bremsen." - damit hast du uns den Tag gerettet, danke dafür! Ja, ich glaube, Pfötchen und Ohren bluten auch besonders stark, das sieht immer viel, viel schlimmer aus als es ist. Zum Glück ist Manu schon wieder wohlauf und ich hoffe, die Schramme bleibt jetzt erst mal für einige Zeit die letzte Verletzung, die für so viel Aufregung sorgt.

    Wuff-Wuff dein Chris

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  2. Im Kreise der Lieben wird man doch am schnellsten gesund. Wie gut, dass es nichts Ernstes war und die nächste Pflegschaftssitzung kommt bestimmt.
    Wunderschön geschrieben trotz eigentlich traurigem Thema. Aber mit Happy End.

    Viele liebe Grüße
    Sabine mit Socke

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  3. Huch, habe ich jetzt den Artikel mit den Blutspuhren genossen, echt köstlich - aber nur weil die Verletzung so "gekonnt" behandelt wurde.
    Morgenbesserungswunsch von Ayka

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  4. Physikalische Gesetzmäßigkeit mit Geschwindigkeit und davon abhängigem Bremsweg... :) Schau bitte mal auf meinen Blog, ich habe Dich dort für einen Award nominiert http://pfotengangs-welt.blogspot.de/

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